Der Zorn der Vergeltung [Rezension]

Winter-und-Parkov-Thriller, Band 4, von Martin Krüger

Steckbrief

  • als Taschenbuch (510 Seiten ) oder E-Book für kindle
  • ISBN: 978-2919809288
  • Verlag: Edition M
  • erschienen: 22. Oktober 2019

Zitat

Parkov ist Teil des Problems, Teil des Status Quo, den er verteidigt. Ihre lächerliche Moral wird enden, ein für alle Mal. Wenn wir fertig sind, wird alle Welt sehen können, was wirklich getan werden muss. Sie werden sehen und lernen. Sie werden es sehen müssen. (Seite 283)

Darum geht es

Die komplette Familie eines Kunsthändlers wird umgebracht. Das ruft LKA-Ermittlerin Marie Winter auf den Plan, die den BKA Berater Daniel Parkov hinzuzieht. Bald stellt sich heraus, dass der Kunsthändler einer kriminellen Organisation angehörte und der Mord die Vergeltung einer ebenbürtigen und skrupellosen Gegenpartei ist.
Für Marie Winter und Daniel Parkov beginnt eine Jagd durch weite Teile Europas.

Meine Meinung

Die Winter-und-Parkov-Reihe hat mich vom ersten Band an gefesselt. Der temporeiche Schreibstil von Martin Krüger gefiel und gefällt mir.
Leider, leider, kann Band 4 meine Erwartungen nicht voll erfüllen.
Die Handlung wirkt streckenweise arg konstruiert und so überzeichnet, dass es selbst für James Bond zu viel wäre. Teilweise steht klar der Actioneffekt im Vordergrund, ohne dass es für das Verhalten der Gegenspieler eine sinnvolle Begründung gibt.

Ein Beispiel (Vorsicht: SPOILER)

Warum wird im großen Finale der Turm des Hotels angezündet? Um Marie Winter zu beseitigen, gibt es effektivere Wege. Um sie für eine Weile außer Gefecht zu setzen ebenfalls.

Derartige ‚was-soll-das‘-Fragen habe ich mir im Verlauf des Romans mehrfach gestellt. Die Szene in dem Moskauer Hotel war in meinen Augen ebenfalls ein solch überflüssiger Einschub.

Noch ein Mini-Spoiler

Da taucht nach dem deus-ex-machina Prinzip eine alte Freundin auf, hilft aus einer Art Abenteuerlaune heraus und spielt keine weitere Rolle mehr?

Nun mag so eine Aneinanderreihung von Action durchaus angenehm unterhalten. Hier vertuscht die wilde Hatz jedoch, dass der Fall an sich auf der Stelle tritt. Die Ermittler reisen mal hierhin, mal dorthin, ohne dass sie über weite Teile des Romans von der Stelle kommen. Erst gegen Ende entwickelt sich eine echte Spur. Und ich meine damit nicht das genretypische ‚im Dunkeln tappen‘, sondern wirklich den Umstand, dass die Ermittler sich tatsächlich nur geographisch bewegen, der Rest jedoch statisch bleibt.

Selbiges gilt auch für Parkov und Winter. Insbesondere Parkov habe ich ins Herz geschlossen, weil er ein Machertyp ist, der Probleme anpackt. Sein Reichtum und die damit ermöglichten Freiheiten und technische Spielereien gaben den Geschichten stets die gewisse Würze. Das fehlt mir in diesem Band. Gezeichnet von den Erlebnissen der Bände 1 bis 3 bleiben sowohl Marie als auch Parkov eigentümlich passiv. Auch emotional drehen sie sich 500 Seiten lang im Kreis.

Und apropos 500 Seiten: Ich finde, nach 500 Seiten hätte es ein wenig mehr Auflösung sein dürfen. Der Cliffhanger ist für mich zu gewaltig geraten.

Fazit

Ein spannender Roman mit einer temporeichen Hatz durch Europa.
Leider täuscht die Action über mangelnde Aktion hinweg. Über weite Teile reagieren die beiden Hauptfiguren nur noch. Wie Schachfiguren werden sie von außen zu den und durch die Handlungsorte gelenkt, ohne in ihrer stetigen Hilflosigkeit selbst aktiv zu werden.

Etwas mehr Falllösung und etwas weniger Cliffhanger hätten mir besser gefallen.

Im Ergebnis ein immer noch gutes, unterhaltsames Buch, dennoch das schwächste aus der Serie.