Zum dritten Mal ging es für mich zur Frankfurter Buchmesse und ganz allmählich komme ich mir nicht mehr so verloren vor. Ich weiß, welche Toiletten relativ leer sind, verlasse die Rolltreppen zwischen Halle 3.0 und 3.1 nur noch ganz selten eine Etage zu früh und ganz wichtig – ich kenne die nicht ganz so überlaufenen Kaffeestände.
Vor allem aber ist es das Treffen mit liebgewonnenen Kolleginnen und Freunden, das dafür sorgt, sich jedes Jahr ein bisschen vertrauter zu fühlen.
Nach dem Currywurstessen, von dem ich nun weiß, dass es für viele schon eine Art Buchmessen-Tradition ist, gönnten Julia K. Rodeit und ich uns noch einen ruhigen Kaffee in der Sonne. Wenn uns nicht Termine in die Halle zurück gezwungen hätten, wären wir wohl bis zum Abend dort sitzen geblieben. Das Wetter meinte es allzu gut mit den Besuchern.
Nach einem schnellen Rundgang durch Halle 3.0 ließ ich mir die New Adult Romane vom Sternensand-Verlag vorstellen.
… oder: wann ist ein Konflikt ein echter Konflikt?
Gerade diskutiere ich mit einer Freundin und Autorenkollegin über das
Schweigen. Genauer gesagt über das Nichtreden in einem Konflikt. Auslöser
ist eine Szene in meinem aktuellen Manuskript. Meine Protagonistin
entdeckt den Mann, mit dem sie Stunden zuvor eine heiße Nacht verbracht
hat, in den Armen einer anderen. Er ist als Womanizer bekannt und war
schon vorher nicht aufrichtig, also ist ihr Urteil schnell gefällt.
Anstatt ihn zur Rede zu stellen oder sich später anzuhören, was er zu
sagen hat, packt sie enttäuscht ihre Sachen und verlässt das Hotel. Meine
Freundin ist (zu recht) der Meinung, diesen Konflikt hätte man durch
Reden lösen können (nun ja, nach der Vorgeschichte hätte sie ihm auch
noch glauben müssen, aber grundsätzlich stimmt das so). Ihre Schlussfolgerung lautet, ein Konflikt, der ganz einfach durch Reden zu beheben wäre, sei kein echter Konflikt. An dieser Stelle bin ich nachdenklich geworden.
Zum einen beschäftigt mich die Frage: Ab wann ist ein Konflikt ein echter Konflikt? Wie viel Tiefe verlangt ein Streit, um wichtig zu sein? Wie aufwändig muss die Versöhnung werden, um dem Zwist Bedeutung zu geben? Dumme Missverständnisse, sich über Banalitäten aufregen, wegen Kleinigkeiten in die Luft gehen – das sollte nicht sein und doch passiert es uns immer wieder. Warum sollte es den Figuren in unseren Geschichten anders ergehen?
Und wenn die Kontroverse erst in der Welt ist, bin ich mir nicht sicher, ob die objektive Leichtigkeit, mit der ein Streit beendet werden könnte, ein geeignetes Kriterium dafür sein kann, wie sehr eine Person subjektiv darunter leidet. Und überhaupt – denke ich mit einem Anflug von Trotz – sollte sie existieren, so kenne ich die nach oben offene Versöhnungsskala nicht, die mir sagt, etwa ab Level 14 ist die Kontroverse schwerwiegend genug, um in deinem Roman vorkommen zu dürfen.
Während ich noch darüber sinniere, landet mein Fokus mit einem Mal auf einer viel wichtigeren Erkenntnis, denn die Worte meiner Freundin enthalten noch eine andere Botschaft, die mir viel besser gefällt. Der Kern ihrer Worte, der besagt: »Es ist nicht so schlimm – sie hätten doch darüber reden können.« Anders ausgedrückt: Solange man reden kann, ist kein Zerwürfnis schlimm.
Ich finde, das ist ein wundervoller Gedanke. So schön, dass ich ihm diesen Beitrag widme. Wohl dem, der redet – und jemanden hat, der ihm zuhört. Dieser Gedanke kam mir in den letzten Wochen und Monaten bei all den Meldungen aus der Welt häufiger. Wir sollten vielleicht einfach mal wieder miteinander reden. Und einander zuhören. Und hoffen, dass meine Freundin recht behält: dass sich so mancher Konflikt dann als gar nicht so entzweiend entpuppt.
Mein #currentlyreading für den Start ins Wochenende ist seeehr retro. Nicht nur, dass der Buchpreis noch in D-Mark ausgezeichnet ist (übrigens 12, 90 DM, falls es interessiert). Auch die Rechtschreibung ist noch die alte. Da es aber der Beginn der Duncan Kincaid Reihe von Deborah Crombie ist, deren letzten acht der aktuell 17 Bände ich bereits gelesen habe und das Buch seit Jahren irgendwo im SuB begraben war, lese ich jetzt endlich, wie alles begann.
Erkenntnis der ersten 70 Seiten:
Die alte Rechtschreibung sieht inzwischen seltsam aus. So schwer es mir fiel, aus ‚daß‚ ein ‚dass‚ werden zu lassen – heute stolpere ich beim Lesen über das ß.
Mein SuB ist zu groß. Dass (!) ich dieses Buch irgendwann einmal gekauft habe, war mir völlig entfallen. Es war reiner Zufall, dass ich beim letzten Umschichten (man muss ja auch mal über die Stapel putzen) darauf geachtet habe.
Die alte Diskussion E-Book vs. Print habe ich unbewusst entschieden: Da ich durch meine Dusseligkeit nun Print und E-Book habe, liegt beides auf dem Nachttisch. Ohne groß darüber nachzudenken, habe ich zu meinem Tolino gegriffen.
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Verstanden