Mallorca, Corona und die Ausgangssperre

Tag 3 der Quarantäne – ein Bericht

Der leere Boulevard am Nachmittag

Dieser Blogbeitrag hat wenig mit Büchern zu tun. Genau genommen gar nichts, wenn man davon absieht, dass man nun unfreiwillig mehr Zeit zum Lesen und Schreiben hat.
Wie regelmäßige Besucher des Blogs wissen, bin ich in diesem Jahr – wie schon in den Vorjahren – zum Schreiben nach Mallorca geflogen.
Das lief auch alles ganz prima. Das Thema dieser Tage, das Corona Virus, war natürlich irgendwo im Hinterkopf präsent, aber die Lage war hier wesentlich entspannter.
Wir haben, Stand heute Morgen, etwas über 70 bekannte Fälle. Teilweise sind die Menschen schon wieder geheilt, die Hälfte der aktuell Erkrankten ist im Krankenhaus. Bei einer Einwohnerzahl von 1,15 Mio Menschen eine gar nicht mal so dramatische Zahl.
Diese entspannte Lage änderte sich dann schlagartig und ziemlich unerwartet.

Donnerstag waren plötzlich die Supermarktregale der Grundnahrungsmittel (fast) leer. Und natürlich gab es auch kein Toilettenpapier mehr. Von jetzt auf gleich fingen die Leute an zu hamstern, wie man das schon seit einer Weile aus Deutschland hörte. Bisher hatte ich mich dann immer gefreut, dass die Spanier wohl entspannter sind. Bis ich dann selbst kein Toast oder Brot mehr bekam.
Im deutschsprachigen Radio wurde gebetsmühlenartig erzählt, dass man nicht hamstern soll und auch wirklich keine Toilettenpapiervorräte für die nächsten Jahre anlegen müsse. Gleichzeitig wurde die Information gegeben, dass es im Einkaufszentrum Porto Pi noch Klopapier gebe.
Fast zeitgleich zur Bitte im Radio, kein Toilettenpapier zu hamstern, fuhr ein Mann auf seinem Motorroller an mir vorbei. Wie ein Weihnachtsbaum behangen mit Toilettenpapier-Paketen.
Am Sonntag blieben zwei LIDL Filialen geschlossen (die hier sonntags eigentlich geöffnet sind), weil sie keine Waren mehr hatten.
Schwierig, da nicht selbst ins Hamstern zu verfallen. Wir konnten widerstehen und haben das zweite Paket Klopapier nur gekauft, weil unser Nachbar auch schon keins mehr bekommen hatte. Nie habe ich erlebt, dass sich ein Mensch so über Klorollen gefreut hat, wie besagter Nachbar, als ich ihm das Paket später überreichte.

Schlimmer erwischt hat uns da schon die Ausgangssperre. Angesichts der recht moderaten Fallzahlen auf den Balearen hatte mit dieser Heftigkeit niemand gerechnet. Erst hieß es nur, Restaurants schließen oder reduzieren die Plätze. Selbiges galt für Kinos, Bars, Fitnesscenter. Und plötzlich ging nichts mehr. Wir haben Hausarrest. Nicht einmal Wandern im Hinterland oder Strandspaziergänge sind erlaubt. Die Hotelgäste sollen auf ihren Zimmern bleiben, die Gemeinschaftsanlagen in den Hotels sind geschlossen.
Raus darf, wer einkaufen muss, zur Apotheke oder zum Arzt. Auch Hunde dürfen Gassi geführt werden, was mich kurz überlegen ließ, meine Nachbarin zu fragen, ob sie mir ihren Hund leiht. Aber der ist schon ihrem Sohn versprochen 😉
Zu Beginn der Quarantäne fuhr die Polizei durch die Straßen und machte Lautsprecherdurchsagen. Das war schon ziemlich unheimlich.
Inzwischen reisen immer mehr Touristen ab. Paguera wird zunehmend zur Geisterstadt. Auch wir haben umgebucht und hoffen, dass der Flughafen noch mindestens so lange geöffnet bleibt, bis wir deutschen Boden unter den Füßen haben. Die Situation ändert sich nahezu stündlich und das wirkt sich nicht gut auf das Nervenkostüm aus.
Dass es noch Menschen gibt, merkt man eigentlich nur abends um 20 Uhr. Da sollen sich alle auf die Balkone stellen und applaudieren. Eine symbolische Geste für diejenigen, die im Gesundheitswesen arbeiten. Die Touristen machen nicht mit, haben wir gemerkt, aber die Spanier hört man und weiß dann, dass es noch Menschen um einen herum gibt.
In Palma und anderen überwiegend von Spaniern bewohnten Städten findet das soziale Leben jetzt von Balkon zu Balkon statt. Da werden Partys veranstaltet, DJs stehen auf den Dächern und legen für das Stadtviertel auf. Es gibt verschiedene Initiativen, wie abendliches gemeinsames Singen oder am kommenden Freitag Balkonfeiern für Kinder. Hübsch eigentlich.
Trotzdem bin ich ehrlich gesagt froh, wenn der Spuk vorbei ist. Ich freue mich auf Deutschland, selbst wenn es dann dort auch auf Ausgehverbote hinauslaufen wird und ich hier mit Blick auf Palmen und Meer sicherlich netter auf dem Balkon sitze.
In diesem Sinne: Bleibt gesund!

Nur zum Einkaufen (so wie ich in diesem Fall), zur Apotheke und zum Arzt darf man raus.