Mydworth – ein Fall für Lord und Lady Mortimer

Eine ungewöhnliche Landhaus-Krimiserie [Rezension]

Das ist doch überhaupt nicht mein Genre.
Das war mein erster Gedanken, als ich auf der Suche nach neuen Büchern für die Ohren durch die „Dranbleiber“ von Lübbe Audio scrollte. Genauer gesagt, ist Cosy Crime zwar absolut mein Genre, doch die Epoche passte nicht. Für mich müssen Ermittler Handy und Internet haben. Und das, obwohl ich selbst noch in einer Zeit großgeworden bin, in der man immer zwei Groschen dabei hatte, falls man dringend außer Haus telefonieren wollte (wer diesen Satz nicht versteht, googelt bitte die Begriffe „Deutsche Mark“ und „Telefonzelle“). Die Mydworth Serie spielt 1929, mithin in den Jahren, in denen es selten genug war, überhaupt ein Telefon zur Verfügung zu haben. Gar nicht mein Beuteschema also. Und doch – irgendetwas an der Beschreibung hatte mich neugierig gemacht. Womöglich war es die Anspielung auf Miss Fishers mysteriöse Mordfälle, denn diese TV-Serie liebe ich. Mit und ohne Telefon.

Lest im Folgenden selbst, wie mir die Reihe gefällt.

MP3 Player mit dem Hörbuchcover von Mydworth: Tod im Mondschein
  • Autoren: Matthew Costello und Neil Richards
  • erschienen bei BEthrilled (Taschenbuch, E-Book) und Lübbe audio (ungekürztes Hörbuch)
  • Erscheinungsdatum: seit 2019
  • Reihe mit bis dato 10 Bänden, Band 11 erscheint im Juli 2022

Darum geht es

Lord Harry Mortimer und seine amerikanische Frau Kat kehren nach langen Jahren, die sie für ihre jeweiligen Regierungen im Ausland gearbeitet haben, in Harrys britische Heimat Mydworth zurück, wo Harrys Tante Lavinia das Herrenhaus Mydworth Manor bewohnt. Auf diesem Landsitz spielen der erste und noch einige der folgenden Fälle. Aber auch die Umgebung von Mydworth, London und New York sind Schauplätze der Reihe.

Nach und nach wird klar, dass sowohl Harry als auch Kat im Ausland in geheimer Mission unterwegs waren. Ihre sozialen Hintergründe könnten unterschiedlicher kaum sein. Harry als geborener Adeliger auf der einen Seite, Kat, die in der Bronx als Tochter eines Barbesitzers groß wurde und dort eine gewisse – auch körperliche – Durchsetzungsfähigkeit gelernt hat, auf der anderen Seite. Doch genau diese Unterschiede faszinieren Harry an seiner unkonventionellen Frau.

Die Sorge der beiden, im beschaulichen Mydworth könnte es ihnen zu langweilige werden, entpuppt sich bald als Irrglaube, denn in jeder Folge werden sie mit einem neuen Verbrechen konfrontiert, das sie cosy crime typisch ohne viel Action, sondern mit Witz und Raffinesse lösen.

Meine Meinung

Harry und Kat sind absolut sympathisch. Ihre Liebe füreinander ist stets präsent, ohne dass es gefühlsduselig wird. Die Beziehung der beiden ist vor allem dadurch geprägt, dass Kat aus dem damals noch vorherrschenden Rollenbild herausfällt, was Harry einerseits fasziniert, andererseits jedes Mal aufs Neue erstaunt. Es ist herrlich, wenn Harry sich zum Beispiel einem ungehobelten Mann gegenüber als Kats Beschützer gerieren möchte, sie ihm aber zu verstehen gibt, „mit Typen wie dem werde sie schon allein fertig“.

Harrys und Kats Wortgeplänkel und Schlagfertigkeit erinnern tatsächlich an Miss Fisher und Jack. Und natürlich auch, dass Kat sich wenig um gesellschaftliche Konventionen kümmert und beispielsweise lieber mit ihrem Vornamen als mit Mylady angesprochen wird.

Obwohl ich anfangs dachte, das historische Setting würde mich nicht einfangen, ist es genau das, was den speziellen Reiz der Reihe ausmacht. Das Klingeln des Telefons, an das sich alle erst gewöhnen müssen, der Kampf der Haushälterin mit dem Kühlschrank, die diesem neumodischem Zeug ohnehin kritisch gegenübersteht, die aufkommende Motorisierung – all das ist absolut charmant eingebunden und macht die besondere Atmosphäre der Reihe aus.

Die Fälle geraten da fast zur Nebensache. Doch auch die wussten bislang beschaulich-spannend zu unterhalten. Die Figuren sind vielschichtig ausgearbeitet und selten ist von Anfang an klar, wer gut oder böse ist, zumal auch die eher zwielichtigen Zeitgenossen nicht stereotyp böse sind.

Fazit

Mydworth ist klar meine Dranbleiber Lieblingsserie. Ein echtes Highlight unter den englischen Landhaus-Krimis. Witzig, charmant und trotz des historischen Settings alles andere als altbacken.