Ein weißer Schwan in Tabernacle Street [Rezension]

  • Autor: Ben Aaronovitch
  • dtv Allgemeine Belletristik
  • Übersetzung aus dem Englischen von Christine Blum
  • Originaltitel: False Value
  • ISBN 978-3-423-26278-1
  • Veröffentlichung: Oktober 2020

Darum geht es

Peter Grant verschlägt es diesmal zur SCC, einem Unternehmen des Silicon Valley Milliardärs Terrence Skinner. Skinners erklärtes Ziel ist es, eine künstliche Intelligenz mit eigenem Bewusstsein zu erschaffen und scheint dabei auch mit Kräften zu spielen, die Peter auf den Plan rufen.

Meine Meinung

Nachdem die »Glocke von Whitechapel« die Geschichte um den Gesichtslosen zum Abschluss gebracht hatte, war nun Raum für Neues.
Anfangs wusste ich nicht so recht, was ich von der Entwicklung halten sollte, der Roman fühlte sich seltsam fremd an. Das führte sogar dazu, dass ich das Buch nach dem ersten Anlesen zur Seite legte. Jedes Mal, wenn ich den Staub von dem schwarz-grünen Cover wischte, dachte ich »Du müsstest jetzt doch mal …« und konnte mich doch nicht aufraffen. Das ist mir bei einem Aaronovitch Roman bisher noch nie passiert.

Drei Monate nach der Veröffentlichung nahm ich mir den Roman dann doch endlich vor und wenig später packte mich die altbekannte Begeisterung. Was vor allem daran lag, dass zunehmend vertraute Nebenrollen auftauchten. Ich bemerke immer wieder, wie wichtig Nightingale für diese Serie ist. Erst wenn Peter und sein Chef zusammen arbeiten, schöpft die Geschichte nach meinem Geschmack ihr volles Potential aus.

Das neue Setting gefällt mir auch gut. Technologie, die sich gegen den Menschen stellt, ist zwar keine neue Idee, doch durch die Beteiligung von Magie kommt ein neuer interessanter Aspekt hinzu. Ein wenig geeklastig wird es dabei schon. Man sollte vor allem Douglas Adams’ ›Per Anhalter durch die Galaxis‹ kennen. Aber auch sonst finden sich wie gewohnt zahlreiche Anspielungen auf Nerdkram.
Schmunzeln musste ich, als der alles beherrschende Firmencomputer Deep Thought plötzlich mit der Stimme von GLaDOS sprach und später noch Kuchen als eine Art Währung ins Spiel kam.

Im Unterschied zu früheren Bänden – mit Ausnahme des Fingerhutsommers – nimmt die Beziehung zwischen Beverly und Peter mehr Raum ein, beziehungsweise bekommt die Erzählweise eine neue Qualität. Da es nicht zu viel wurde, hat mir der Einblick ins ›Familienleben‹ gefallen.

Zu bemängeln habe ich eigentlich nur einen Punkt. Eine Kleinigkeit, aber es ist mir halt doch aufgefallen. Jedem angehenden Autor wird eingebläut, die Namen der Figuren möglichst gut unterscheidbar zu wählen, was vor allem bedeutet: unterschiedliche Anfangsbuchstaben zu verwenden. Ein Rat, an den sich Ben Aaronovitch nun wahrlich nicht gehalten hat, wie diese Liste zeigt: Skinner, Silver, Seawoll, Stacey, Stephen, Stephanopoulos, September.
Dazu noch unzählige Nebenfiguren. Manchmal musste ich wirklich einen Augenblick überlegen, wer das denn nun schon wieder war.

Fazit

Dieser achte Band der »Rivers of London« Reihe knüpft an alte Stärken an. Viele Anspielungen an Geek- und Nerdkram, dazu der Auftritt liebgewonnener Nebenfiguren und kräftig gezaubert wird natürlich auch. Der Roman macht dabei vieles besser als einige der Vorgänger. Nach einem Anfang, der mich zunächst verwirrt hat – vor allem, weil ich erst einmal begreifen musste, dass mit Rückblenden gearbeitet wird (Merke: das genaue Lesen von Überschriften hilft!) – also, nachdem ich den Beginn für mich sortiert hatte, empfand ich die Entwicklung der Geschichte als durchgehend spannend und konnte besser folgen, als das zuletzt in dem Strang um den Gesichtslosen der Fall war.