„Es wird weitere Peter Grant Romane geben“
Open-Air-Lesung in pittoresker Umgebung
Wenn mich jemand nach meinen Lieblingsautoren fragt, muss ich seit einigen Jahren nicht lange überlegen. „Ben Aaronovitch“, antworte ich ohne zu zögern und „Peter Grant“, wenn es um Buchcharaktere geht, die ich mag/treffen will/etc.
Kurz gesagt: Ben Aaronovitch hat mich mit seiner „River of London“ Serie komplett eingefangen. Romane, teilweise sogar auf Englisch, Graphic novels, Hörbücher – ich glaube, ich habe so ziemlich alles und falls es irgendwann einmal die so ersehnte Umsetzung als TV-Serie gäbe, wäre ich die Erste, die die DVD vorbestellt.
Am 31.08.2019 war Ben Aaronovitch im Rahmen des Literatursommers Hellweg im historischen Nicolaiviertel in Unna unterwegs.
Im Folgenden gibt es alles zu seiner Lesung und was er sonst noch verraten hat.
Service-Hinweis:
Der Bericht ist ausführlich, wer abkürzen möchte: Was Ben Aaronovitch über sich und seine Bücher erzählt hat, ist am Ende des Textes farbig unterlegt.
Im vergangenen Jahr war Ben Aaronovitch schon einmal zu einer Lesung hier in der Gegend. Damals habe ich es zu spät erfahren, die Karten waren längst weg. Nun bekam ich meine zweite Chance, den Autor live zu sehen. Beim langen Literaturwochenende aus der Reihe „Literatursommer Hellweg“ würde er erneut in Unna auftreten.
Diesmal würde mich nichts und niemand davon abhalten, Ben Aaronovitch persönlich zu erleben.
Wir waren Stunden zu früh, aus Angst, in einen Stau zu geraten oder keinen Platz mehr zu bekommen oder was auch immer sonst noch passieren könnte. Nichts dergleichen geschah, und so kamen wir auch in den Genuss der anderen Programmpunkte. Und das war gut so, denn auch die anderen Lesungen und die musikalische Begleitung waren klasse, dazu werde ich einen separaten Beitrag schreiben.
Ben Aaronovitch war bereits am Vortag nach Unna gereist, das hatte man auf seinem Twitter Account verfolgen können.
Erleichtert entdeckte ich den Autor zwischen den Menschen. Er war da, ich war da. Jetzt konnte nichts mehr schief gehen. Ein bisschen Sorge bereitete noch der Wetterbericht. Es war eine Outdoorveranstaltung und für den Abend waren schwere Unwetter angesagt.
Die auch kamen. Doch um diesen Spannungsbogen abzukürzen: Unna wurde gnädig verschont. Kein Tropfen fiel bis zum Ende der gesamten Veranstaltung.
Und so saßen wir umgeben von alten Fachwerkhäusern unter dem Blätterdach hoher Bäume, im Hintergrund Getränkestand und Buchverkauf, vor uns die Bühne.
Gegen 19.45 Uhr wurde Ben Aaronovitch anmoderiert, zunächst betrat er unter großem Applaus allein die Bühne, danach wurde es eng dort oben, weil die Bereichsleiterin Kultur aus Unna als Übersetzerin sowie der Schauspieler Joe Bausch als Vortragender der deutschen Textstellen auch noch am schmalen Tisch Platz finden mussten.
Ben Aaronovitch selbst las nur eine kurze Passage vom Anfang seines Buches, den größten Teil der Lesung übernahm Joe Bausch.
Zwischen den Texthäppchen aus Aaronovitchs aktuellem Roman „Die Glocke von Whitechapel“ (meine Rezension dazu findet ihr hier ) stellte die WDR-Moderatorin Sabine Ziemke, die durch die Veranstaltung führte, Fragen zum Werdegang des Autors und zur Entstehung der Peter Grant Reihe, sowie zu Tobias Winter, dem deutschen Pendant zu Peter Grant, der im Herbst im Roman „Oktobermann“ in Deutschland debütieren wird.
Ben Aaronovitch antwortete souverän, oft begleitet von einem Lachen und einem gewissen selbstironischen Zug und stellte seinen Humor unter Beweis. Der Mann kann nicht nur schreiben, er kann auch reden. Und erfreulicherweise bediente er sich dabei eines Englischs, das durchaus zu verstehen war.
So erfuhr man, dass Ben Aaronovitch mit einem riesigen Schnitzel viel glücklicher ist als mit gehobener Küche. Diese Antwort stand im Zusammenhang mit der Erklärung, wie man den Ruhm und Erfolg eines Autors misst: Während er beim ersten Buch gerade mal gegrüßt worden sei, wurde er bei späteren Terminen vom Verlag zum Essen eingeladen, wobei die Restaurants mit zunehmendem Erfolg immer besser wurden.
Außerdem erzählte Aaronovitch, dass er in seiner Zeit als Buchhändler keine Zeit zum Lesen gehabt habe. Das sei „wie Arbeiten in einer Schokoladenfabrik, ohne Schokolade essen zu können“. Trotzdem sei der Job dort eine Inspiration gewesen, denn während er die ganzen Neuerscheinungen in die Regale räumte, habe er den Entschluss gefasst, es auch einmal mit einem Roman zu versuchen. Schreiben – vor allem strukturiertes Schreiben – habe er als Drehbuchautor bereits gelernt gehabt. Jetzt habe er es genossen, ohne Rücksicht auf Budgetzwänge Geschichten entwickeln zu können. Als Drehbuchautor müsse man immer darauf achten, was machbar sei und vor allem dürfe man nicht zu viele Personen einführen.
Peter Grant und er hätten nicht viele Gemeinsamkeiten. Er sei introvertierter als Peter. Der zudem viel jünger sei und schreckliche Musik höre.
Zu Tobias Winter verriet der Autor, dass die Figur plötzlich in seinem Kopf gewesen wäre. Ihm sei der Charakter interessant erschienen, aber er hatte nicht recht gewusst, wie er den Mann in einem Peter Grant Roman unterbringen sollte und dann sei ihm der Gedanke einer eigenständigen Geschichte gekommen. Auf den Handlungsort Trier sei die Wahl gefallen, weil er den Aspekt, dass Deutschland auch Weinland sei, ungewöhnlich findet.
Die für mich freudigste Überraschung war die Neuigkeit, dass Ben Aaronovitch an der Mord-am-Hellweg-Anthologie für das kommende Jahr mitarbeitet und der Schauplatz seiner Geschichte Schwerte sei. Ausgerechnet Schwerte! Meine Heimatstadt. Wie wahrscheinlich ist es, dass ich Fan eines einzigen Autors bin (*) und ausgerechnet dieser Autor eine Geschichte schreibt, die in meiner Heimatstadt spielt? Ich kann es immer noch nicht glauben.
(*= Es gibt natürlich noch weitere Autoren/-innen, die ich gern lese, aber ‚Fan‘ im Sinne von „Ich habe alles gelesen, werde alles lesen und fiebere allen Neuerscheinungen entgegen, die ich, sobald es geht, vorbestelle“ bin ich wirklich nur von Ben Aaronovitch.)
Am Ende des Abends hatte ich Gelegenheit, im direkten Gespräch mit Ben Aaronovitch noch drei Fragen loszuwerden, die mir besonders unter den Nägeln brannten, und erfuhr dabei Folgendes:
- Ja, es wird weitere Peter Grant Romane geben.
- Ja, er würde gern auch aus Tobias Winter eine Serie machen, jedoch sei das ein Zeitproblem, sodass er nicht sagen könne, ob es eine Serie wird.
- Ja, es stimmt, dass die Rechte für eine Verfilmung verkauft seien, jedoch sei dies nur eine Option und bedeute nicht automatisch, dass es auch wirklich zu einer Produktion kommt.
Herzlichen Dank an das Westfälische Literaturbüro in Unna e.V. für die Organisation, an die Mitwirkenden auf der Bühne und natürlich an Ben Aaronovitch für die unterhaltsame Lesung.
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